February 14, 2005
PADERBORN, Deutschland - Viele Teilnehmer der jährlichen Wincor World Fachmesse übernachteten in einem Jagdhaus aus dem 16. Jahrhundert, was das Vergessen der modernen Welt direkt außerhalb seiner beeindruckenden Steinmauern erleichterte.
Auf der idyllischen Wiese grasende Rehe, riesige Eisenschlüssel für den Zugang zum Haus für späte Gäste, das Gespenst eines Kutschers, der Gerüchten zufolge durch die zugigen Gänge geistert - all dies war geeignet, der Schreiberin dieses Artikels das Gefühl zu geben, eine Zeitmaschine habe sie 300 Jahre zurück in das ländliche Deutschland versetzt.
Es führte auch dazu, dass es die bei Wincor World gezeigte Technologie vergleichsweise noch weiter an die vorderste Front schob - was möglicherweise genau der Effekt war, den die Veranstalter des Ereignisses beabsichtigt hatten. Clever ausgedacht.
Wincor füllte, wie schon üblich, die Ausstellungsfläche mit einigen der neuesten Anwendungen aus der Welt der Banken und des Einzelhandels. Über 7500 Teilnehmer aus allen Winkeln des Globus waren erschienen, um sie zu betrachten. Das Ereignis, das schon immer so etwas wie die Vereinten Nationen in Klein darstellte, hatte in diesem Jahr sogar ein noch internationaleres Gepräge.
Nach Andreas Bruck, Leiter der Unternehmenskommunikation bei Wincor, besuchten IT-Manager aus fast 60 Ländern Wincor World, gegenüber 50 im Jahre 2004, wobei Osteuropa, Asien und Lateinamerika stark vertreten waren.
Bruck bemerkte ebenfalls ein gestiegenes Interesse von Branchen wie beispielsweise der großtechnischen Hersteller, der Lotterien und der postalischen Dienste. „Die Besucher blicken auf Technologien und Lösungen auf einer branchenübergreifenden Grundlage und lernen ebenfalls voneinander", sagte er.
Der Einzelhandel, sagte Karl-Heinz Stiller, der Vorsitzende der Geschäftsführung des Unternehmens, in seiner Ansprache, bestehe zurzeit aus drei Kategorien: der Spitzenklasse, den Billiganbietern und der „schwammigen Mitte". Nach seiner Prognose würde die Mitte allmählich aussterben, da Geschäfte ihren Ruf zunehmend entweder auf niedrigen Preisen oder auf leistungsfähigem Kundendienst aufbauten.
Mit einer Palette von Hochtechnologieerzeugnissen, wie beispielsweise „smarten" Einkaufswagen, elektronischen Regaletiketten und raffinierten Selbst-Scanning-Systemen - allesamt bei Wincor World ausgestellt - hofft Wincor, in dieser Spitzenkategorie Marktanteile zu erringen.
Aus meiner Sicht waren diese Erzeugnisse unter den auf der Ausstellung der vorigen Woche gezeigten die interessantesten:
Lach' mal und sag ‚Drucken': Wincors Einstieg, zusammen mit Partner O.E.M. GmbH, in die Sphäre des digitalen Fotodrucks zeigt sicherlich einen Designvorsprung gegenüber den großen, zurzeit von Kodak und anderen in Einzelhandelsgeschäften wie beispielsweise Drogeriemärkten aufgestellten großen Kästen. Das System ist in Wincors schnittigem Beetle- oder Certo-Stand untergebracht, brüstet sich mit einem benutzerfreundlichen 15-Zoll Sensorbildschirm und druckt Farbfotos enorm schnell - bis zu 300 in der Stunde.
Zufriedene Käufer: David Dobson von Microsoft und Todd Matsler von Intel, zwei Partner, die zusammen mit Wincor und anderen Schwergewichtlern aus der Branche an der Initiative „Future Store" beteiligt sind, stellten viel versprechende Ergebnisse vor, die von der Ladenkette Metro Group zusammengetragen wurden seit sie begann, auf Radiofrequenzidentifizierung [RFID] und andere, zukunftsweisende Technologien gestützte Kundendienste in einem Supermarkt nahe Düsseldorf anzubieten.
Nach den Untersuchungen der Metro Group wuchs die Anzahl der Kunden, die sagen, sie seien mit ihrem Einkaufserlebnis „ausgesprochen zufrieden", von 34 Prozent auf 54 Prozent. Die Anzahl der Kunden, die das Geschäft öfter als zwei Mal im Monat besuchen, wuchs um 50 Prozent, und der Prozentsatz der neuen Kunden stieg von 2 Prozent auf 50 Prozent.
Stärkung des Kunden - und der Angestellten: Die Anwendung neuester Technologie bietet den Einzelhändlern die Chance, sich
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Der mobile POS von Wincor Nixdor, der an den Einkaufwagen montiert ist, ermöglicht das Anschauen von Ladengrundrissen, Einkaufslisten und Sonderangeboten während der Kunde das Geschäft durchquert. |
Matsler meinte, dass sich die Kunden „ermächtigt" fühlten, wenn sie ihre Interaktionen mit den Einzelhändlern mit Hilfe von Werkzeugen wie persönlichen Einkaufsassistenten, das heißt Handgeräten, mit denen sie während des Einkaufs Artikel scannen können, selbst steuern könnten. Ähnliche Geräte können den Angestellten des Geschäfts Zugriff auf die neuesten Daten „zu jeder Zeit, an jedem Ort bei der Wahrnehmung ihrer Jobs" geben, fügte er hinzu.
Keine ‚Abteilung ohne Umkehr' mehr: Wincor zeigte eine Reihe interessanter Anwendungen für seinen tragbaren Ladenassistenten, der vom Kunden getragen oder am Einkaufswagen angebracht werden kann. Einer meiner Favoriten betraf das Anlegen einer Einkaufsliste über die Website des Ladens vor dem Verlassen der Wohnung. Die Liste ist dann beim Eintreffen des Kunden im Laden zum Herunterladen auf einen PSA (mobilen, persönlichen Einkaufsassistenten) bereit.
Listen und andere Informationen, wie beispielsweise Produktwerbungen oder Orientierungspläne des Ladens, werden mittels drahtloser Kommunikation über das LAN des Ladens an den PSA gesandt. Stellen Sie sich nur einmal vor, dass Sie nie wieder nach einem Verkäufer suchen, um sich den Weg zeigen zu lassen, oder auf der Suche nach einem Produkt von einem Gang zum andern wandern, oder eine Werbung für einen besonders günstigen Preis für einen DVD-Spieler nach dem Scannen einer Reihe von Filmen betrachten.
Theoretisch könnte der Kunde die Kassenschlange völlig vermeiden, indem er direkt zu einem Zahlungscomputer geht, eine Liste der Waren, die er während seines Besuches im Laden gescannt hat, herunterlädt und mit einer Geldautomaten- oder Kundenkarte bezahlt.
Scanning-Schule: Eine der cleversten Funktionen bei dem auf dem Ausstellung gezeigten Selbst-Scangerät war ein Videobildschirm, der in knackigen Farben zeigte, wie das Gerät zu verwenden ist. Ein Wincor-Vertreter sagte, dass ein optionaler Bewegungssensor den Start des Videos auslösen könnte, wenn ein potenzieller Kunde in der Nähe sei. Wenn man den Leuten zeigt, wie einfach das alles ist, könnte das theoretisch die verlocken, es einmal auszuprobieren, die bisher aus Angst, etwas falsch zu machen, gezögert haben.
Hardware-Agnostiker: Auf die Frage, warum der Zahlungscomputer an der Außenseite des Scanning-Geräts angebracht und nicht in die Frontplatte integriert sei, sagte ein Wincor-Vertreter, dies sei geschehen, da das Unternehmen begriffen habe, dass viele Einzelhändler an langfristige Verträge mit den Lieferanten gebunden seien. So habe Wincor einen Montageapparat entwickelt, der alle der beliebtesten POS-Terminale aufnehmen könne.
Die Geschichte von zwei Computerendgeräten: Eine faszinierende Konfiguration beinhaltete einen Scanning-Turm mit geringer Standfläche, der mit einem separaten Bezahlungsturm kombiniert ist. Bei der Lösung mit zwei Computerendgeräten kann ein Kunde Artikel scannen, dann seine Rechnung an anderer Stelle bezahlen, was zu kürzeren Warteschlangen führen könnte.
Super-Regale: Obwohl die Radiofrequenzidentifizierungstechnologie
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Das Selbstbedienungs-Scan-Gerät von Wincor Nixdorf bot einige interessante Möglichkeiten an einschließlich einem Videolernsystem, das den Neuling beim Selbst-Scannen während des Prozesses betreut. |
Verkauf mit Zackbumm: Wincors Palette von Rückkaufsystemen, ReVendo genannt, enthält ein Gerät, dass Kisten von Leergut zusammen mit einzelnen Flaschen und Dosen entgegennimmt. Während einer Vorführung schluckte die unheimlich effiziente Maschine die ungleichen Artikel, schickte sie zum Zermalmen und dann zur Entsorgung in den entsprechenden Behältern.
Wincors, auf XML basierende Software ermöglicht den Anschluss der Rückkaufeinheiten an die POS-Systeme, erleichtert die Bezahlung des Kunden für die Rückgabe und vereinfacht das Abstimmungsverfahren am Ende des Tages.
Eine einfache Software-Änderung ermöglicht dem Einzelhändler ebenfalls zu steuern, welcher Artikel er zur Rücknahme akzeptiert.